Lerne, wie man Gruppenzelte verankert; und zwar richtig. Ich baue seit Jahren Zelte auf und sehe immer wieder, dass selbst erfahrene Leute falsch abspannen.
Dieser Ratgeber gibt umfassend Auskunft. So, dass es künftig schon einen Lothar oder eine Burglind braucht und nicht nur ein Sommerlüftchen, um dir den Schlaf zu rauben.
Im Sturm ist bei guten Zelten die Verankerung das A und O. (Bei Billigzelten ist die Schwachstelle hingegen oft schon im Stoff: es reisst einfach irgendwo.)
Achte auf die Wahl des passenden Herings. Er richtet sich nach der Bodenbeschaffenheit und Grösse deines Zeltes.
Faustregel:
Je grösser dein Zelt und je weicher der Boden, desto massiger die Heringe.
Je mehr Fläche ein Hering hat, desto schwieriger ist es, ihn durch den Untergrund zu ziehen.
Einen zu grosser Hering in einen zu harten Boden zu treiben kann allerdings zur Deformation des Herings führen.
Im oberen Bild sind geeignete Heringe für Gruppenzelte zu sehen.
Die Heringe nehmen von links nach rechts im Auszugswert ab:
Sandheringe (die Massivsten):
Eine gute Wahl bei Sand, aber auch bei Wiesen, insbesondere wenn der Boden aufgeweicht ist!
Universalheringe (die Beliebtesten):
Die Lösung für die meisten Böden. Oft sind dies die Standardheringe von Zelten. Beim Kauf auch auf die Materialdicke achten (unter 1,5mm verbiegen sie gerne).
Der rote Hering ist ein guter Kunststoffhering, der sicherer einsetzbar ist als Stahlheringe.
Erdnägel (die Filigranen):
Für harte und härteste Böden. Oft auch für statisch untergeordnete Zwecke wie die Fixierung des Innenzelts.
Der orange Schraubhering darf als einziger in derselben Linie mit der Abspannung verwendet werden (meist vertikal).
- im Zweifelsfall immer eine Dimension grösser wählen
- beim Rekken* gleich den Boden austesten
- ansonsten mehrere Typen dabei haben. Die wichtigsten Abspannungen benötigen die massivsten Heringe.
Eine Binsenweisheit: Der beste Hering nützt nichts, wenn du ihn falsch montierst.
Zur besseren Veranschaulichung dienen die folgenden Bilder:
- Der Super-GAU: Wer den Hering so einschlägt, hat nichts Besseres verdient.
Die Abspannschnur sollte zum Boden einen Winkel von maximal 45º haben. Die Schnur verlängerst du notfalls. - Katastrophe: Der Abspannwinkel ist gut. Heringe schlägst du aber immer bis zum Anschlag rein. Allein schon wegen deiner Fussohle…
- Jämmerlich: Hier stimmt die Höhe. Wenn der Hering aber etwas Spiel bekommt (und das tut er immer!), zieht es ihn aus seinem Loch. Der Hering soll rechtwinklig zur Schnurrichtung gesetzt werden.
- Korrekt: Hier stimmen sowohl Abspann- und Montagewinkel als auch die Tiefe.
Einige mögen jetzt anmerken, dass man nicht immer Laborbedingungen vorfindet.
Irgendein Scheissstein findet sich ja meistens dort, wo die Abspannung hin muss:
Unabhängig davon, wie weit du den Hering in den Boden bringst: die Schnur gehört immer satt auf den Boden.
- Auch die Schnur nimmt die kürzeste Verbindung. Deshalb wähle einen Winkel, der etwas kleiner ist als 90º zur Schnur. So wird auch die Schnur immer zu Boden gedrückt.
- Wählst du den falschen Winkel (linkes Bild), rutscht die Schnur ans Kopfende des Herings und das Drehmoment arbeitet voll gegen dich!
Echte Cracks machen sich den Effekt des Drehmomentes aber zunutze:
Dreh den Spiess um!
- Nimm einen weiteren Hering und verbinde ihn mit dem vorherigen.
Achte darauf, dass die Schnur am Heringkopf befestigt ist. - Die Kaskade lässt sich beliebig verlängern.
-> Falls die Heringe ausgehen, improvisiere mit geschnitzten Ästen.
Weitere Tipps
- Nimm einen Gummihammer zum Einschlagen. Metallhammer und Steine geben scharfe Kanten und verbiegen die Heringe schnell. Mit dem Schuh reindrücken ist manchmal nicht zielführend, weder für den Schuh noch für den Hering (auch wenn ich’s ebenfalls gerne mache). Insbesondere bei falscher Technik weitet sich das Bohrloch oben aus.
- Regen weicht den Boden auf und vermindert die Festigkeit der Heringe. Behalte das im Hinterkopf und kontrolliere nach einem Gewitter gegebenenfalls die Heringe oder decke sie vorher ab.
- Natürlich kann man auch Gewichte wie Steine und (Sand)Säcke an die Schnüre hängen. Das beruhigt vielleicht das schlechte Gewissen, aber oft nicht mehr. Bedenke, dass die Gewichtskraft senkrecht wirkt. Da die Abspannungen aber meist diagonal sind, geht einiges an Gewicht verloren.
-> Wenn etwas unklar ist, ruf einfach an. Ich erklär’s dir gerne!
Hast du dich schon mal gefragt, was der Unterschied ist zwischen Segeln und Zelten?
Genau. Beim Segeln soll das Tuch so viel Wind wie möglich aufnehmen und das Boot verschieben. Deshalb ahnst du folgerichtig: Beim Zelten möchten wir nicht, dass das Tuch Wind auf- und dich und das Zelt mitnimmt…
Merke: Segle zu Wasser, zelte zu Land! 😉
- Spanne straff ab. Da darf man auf der Abspannung ruhig Gitarre spielen können.
Es ist Unsinn zu glauben, Zelte müssten locker abgespannt werden, damit nichts reisst. Im Gegenteil: Schiffsegel hängen regelrecht durch, damit sie möglichst viel Wind aufnehmen können. Verwechsle das nicht mit dem Zelttuch. - Verwende für straffe Abspannungen den Fuhrmannsknoten.
Wenn du ihn nicht kennst, lerne ihn – er hilft in vielen Lebenslagen! - Ein Muss für Pfadis, Cevis, Jublas und Schärler ist der abgewandelte Spannknoten mithilfe des Dreilochspanners.
- Nutze bei der Abspannung verschiedene Richtungen aus. Die Schnur festigt immer nur in die Gegenrichtung. Da Wind vor allem horizontal wirkt, sind Bäume etc. Gold Wert (in diesem Fall natürlich nur, wenn keine gefährlichen Äste runterfallen können und der Baum weit genug weg steht).
- Du kannst auch mehrere Abspannungen am selben Zelt-Punkt einhängen und in verschiedene Richtungen ziehen. Bei Firstzelten sind insbesondere die Zeltstangen als Ansatzpunkt zu nennen.
Wer nicht ganz volldebil ist, weiss, dass Pässe und Senken schlechte Zeltplätze sind. Und sonst spätestens nach dem ersten Mal ausprobieren.
- In der Schweiz (und Europa) kommt das Schlechtwetter meist aus Westen. Meiner Erfahrung nach – zumindest im Norden der Alpen – eher sogar aus Südwest.
Falls du die Wahl hast, bedenke dies bei der Standortsuche (das Zelt rechts ist also besser gestellt). - Setze immer die kleinere Seite dem Wind aus, im Fall von Firstzelten also das Dreieck. Dies bildet die kleinere Angriffsfläche.
Bedenke
Das Wetter ist nicht immer berechenbar. Der Wind kann innerhalb weniger Metern völlig anders wehen. Deshalb ist dieser Punkt, im Gegensatz zu den Obigen, keine sture Regel.
Wenn du diese Punkte verinnerlichst, werden deine Zelte künftig zu Trutzburgen werden!
Hast du Ergänzungen? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare oder schicke uns Fotos der einfallsreichsten Abspannungen!
Titel
* rekken= rekognoszieren; den Lagerplatz auskundschaften.